Alter 15-20

Teil 4
15-20 Jahre

(2003-2008)


Im Juli 2004, nach meinen 9 Jahren Schulpflicht, machte ich meinen Schulabschluss. Das war ein rießiges Wunder, denn laut meine medizinischen Unterlagen hätte ich dies niemals erleben sollen. Auf Grund all der Arzttermine und Krankenhausaufenthalte in diesen 9 Jahren habe ich die Schule noch nicht einmal Vollzeit besucht. Nun meinen Abschluss machen zu können, war ein persönliches Highlight für mich. Ebenso war meine Konfirmation in meiner Kirche ein Highlight.

Meine Großeltern und ich an meiner Konfirmation

Regelmäßig über längere Zeiträume den Schulunterricht zu verpassen, ist für die Zukunft eines Menschen recht schwierig. Normalerweise beginnt man in meinem Heimatland nach dem Schulabschluss eine Ausbildung in irgendeinem Beruf. Für jemanden wie mich, der nicht immer zur Schule gehen konnte, war es recht schwierig direkt in eine Berufsausbildung zu gehen. Ich fühlte mich körperlich und auch emotional noch nicht bereit für so einen großen Schritt.

Wie auch immer bekam ich die Chance weiterhin zur Schule zu gehen und an einem Berufsvorbereitungsjahr in der Schweiz teilzunehmen. Das BVS ist ein Jahr für Menschen, die noch nicht bereit sind in einen Beruf zu gehen, oder noch nicht genau wissen in welche Berufssparte sie gehen möchten.
Dieses Schuljahr war recht schwierig. Ich musste viele Hausaufgaben erledigen, hatte lange Unterrichtstage und viele verschiedene Fächer. Ich schlug mich durch, da ich zu jener Zeit den Traum hatte, wie ein jeder andere Mensch eine Berufsausbildung machen zu können.

Fotoshooting für meine Konfirmation

Einige Monate später musste ich, auf Grund von Schwierigkeiten mit meinem Dialysekatheter, einer neuen körperlichen Herausforderung gegenüber treten! Wie ich bereit schon erwähnt hatte, musste mein Körper schon einige Katheterwechsel überstehen. Um genau zu sein, hatte ich bereits so viele, dass die Ärzte Ende 2004 sagten, dass dies für mich nicht mehr möglich wäre!
Stattdessen benötigten sie nun einen speziellen Zugang zu meinem Körper um an das Blut für die Dialyse zu gelangen.

Geht hier zu Wikipedia für mehr Informationen zu Thema Fistel

Mich für einen Dialyse Schand zu entscheiden, war sehr schwierig für mich, denn dies würde bedeuten, dass mit jeder Dialyse zwei große Nadeln in mich gestochen werden würden. Aber um am Leben zu bleiben hatte ich keine andere Wahl.

Keep calm and grow your hair 🙂

Kurze Zeit später musste ich feststellen, dass zur Schule zu gehen, Dialyse und andere gesundheitliche Probleme einfach zu viel waren. Ich realisierte, dass ich weder Kraft noch Motivation oder Begeisterung für mein Leben verspürte. Es wurde ein Burn out diagnostiziert und ich verbrachte ein paar Wochen im Krankenhaus. Alles was ich dort tat, war Vitamine zu mir zu nehmen und nicht viel zu tun, was mir recht schwer fiel. Nach ein paar Wochen konnte ich das Krankenhaus wieder verlassen und beendete erfolgreich mein Schuljahr im Juni 2005.

Im Juli diesen Jahres war ich damit gesegnet worden mit einigen Freunden in den Urlaub fahren zu können! Das war eines der ersten Male, dass es mir möglich war mit Freunden für eine längere Zeit wegfahren zu können. Die Dialyse Schands ermöglichten mir sogar ins Wasser gehen zu können. Dies war auch das erste Mal, dass ich meine Dialyse in einem anderen Krankenhaus hatte. Ich hatte dies zuvor noch nie ausprobiert, aber durch die shunts war das Ganze einfacher und sicherer.

Im August 2005 war es mir dann möglich, meinen Traum einer Berufsausbildung zum Maler zu beginnen. Ich begann meine Ausbildung in einer kleinen Malerfirma in meiner Heimatstadt. Ich war sehr gesegnet, dass mich mein Chef gerne als Auszubildenden einstellen wollte. Eine Berufsausbildung dauert im Normalfall drei Jahre. Da ich allerdings 3 Nachmittage die Woche wegen meiner Dialysebehandlung verpassen würde, beschlossen wir, meine Ausbildung in der Theorie 3 Jahre und in der Praxis 4 Jahre dauern zu lassen.

Im September 2015 wurde ich von dem Besitzer einer gemeinnützigen Organisation namens „Kids Kidney Care“ gefragt, ob ich einen Tandemsprung für Spendenzwecke machen würde. Ich hatte das Privileg, mit dem zu jener Zeit weltbesten Fallschirmspringer springen zu dürfen. Außerdem waren Musiker, Schauspieler, Sportler und Modeberühmtheiten bei diesem Projekt mit involviert. Für mich war dies ein großes Highlight! Ich habe nicht nur meinen ersten Fallschirmsprung machen dürfen, auch wurde ich mit dem Hubschrauber in meiner Heimatstadt abgeholt, in welchem auch schon einige der Berühmtheiten saßen.☺

Im Oktober hatte ich meinen ersten Einführungskurs in meine Berufsausbildung. Während dieses Kurses ging es mir auf einmal gesundheitlich sehr schlecht und ich bekam über 40 Grad Fieber. Ich musste wieder ins Krankenhaus und konnte meinen Einführungskurs nicht beenden. Allerdings nahm ich meine Ausbildung direkt nach meiner Entlassung aus dem Krankenhaus wieder auf.

Im Juli 2006 fuhr ich das erste Mal mit einer Jugendfreizeit ins Ausland. Dies war großartig für mich. Einmal Ferien in einem anderen Land verbringen zu können, war ein großer Traum als Kind. Auch dieses Mal musste ich meine Dialysebehandlungen im Voraus buchen, was sich sehr schwierig gestaltete. Ich kann mich an diese Reise noch genau erinnern, mit wem ich unterwegs war und was ich während dieser Zeit getan habe.

Neben dem Reisen habe ich auch hart gearbeitet. Es war sehr schwierig – physisch, emotional und auch spirituell. Es gab Zeiten, in denen ich an die Grenzen meiner Kraft kam. Aber es kümmerte mich nicht so sehr, da ich mir meinen Traum erfüllen wollte.

Das Jahr 2007 verlief ziemlich gut. Jeden Tag arbeiten und drei Mal die Woche zur Dialyse zu gehen, war körperlich sehr anstrengend. Aber während dieser Zeit realisierte ich, dass ich ein Leben leben und Tag für Tag aufblühen könnte. Meine Dialyse shunts waren ebenfalls ein sehr großer Segen.
Einen weiteren Traum, den ich mir erfüllen konnte, war meinen Führerschein zu machen. Wenn ich daran zurück denke, was die Ärzte mir vor Jahren gesagt hatten, war dies ein unglaubliches Wunder. Ich war nun ziemlich unabhängig, da ich nun eigenständig zu meinen Behandlungen fahren konnte.

Mein erstes Auto

Im Jahr 2008 geschah ein weiteres Wunder! Ich bestand meine theoretische Prüfung und war nun auf dem Papier ein professioneller Maler. Ich musste nun nur noch ein Jahr praktische Arbeit absolvieren.
Neben meiner Arbeit und der Dialyse verbrachte ich meine Zeit mit Freunden und Familie, ging auf Reisen, hatte Spaß, ging zur Gemeinde und fuhr viel mit meinem geliebten Auto umher. Während dieser Zeit lernte ich viel über das Leben und entwickelte mich weiter. Ich hatte immer noch das Gefühl, viele Dinge lernen zu müssen, da ich in meiner Kindheit so viel verpasst hatte, ich nicht wirklich „gelebt“ hatte. Aber Tag für Tag ging es mir besser und ich machte auch hier Fortschritte.

Fortsetzung folgt …

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