Alter 0-5
Teil 1:
1.-5. Lebensjahr
(1988-1993)
Geboren wurde ich am 19. November 1988 in einem kleinen Dorf Adelboden, in den Schweizer Alpen. Es war ein erfreuliches Ereignis für meine Eltern und meine drei älteren Brüder, da ich die Familie als letztes Mitglied vervollständigte. Wie jeder andere in meiner Familie war ich gesund, ein Kind, das gerne lächelte, genau wie meine Eltern, und natürlich war ich glücklich jetzt mehr Platz zu haben als im Bauch meiner Mutter. Die ersten Monate meines Lebens verliefen gut und normal. Ich war ein gesunder und starker Junge mit einer glänzenden Zukunft.
Kurz vor meinem ersten Geburtstag erkrankte ich an mehreren Grippen mit starkem Husten und Schnupfen. Nach ein paar Wochen brachten meine Eltern mich zum Arzt, da die Grippe nicht aufzuhören schien. Auch nach mehreren Tests konnten die Ärzte nicht wirklich feststellen was das Problem war.
Ein paar weitere Wochen vergingen bis ich in ein Universitätsklinikum gebracht wurde, das schließlich herausfinden konnte was das eigentliche Problem war. Im Dezember 1989 wurde eine komplizierte chronische Krankheit diagnostiziert, die sich hämolytisch-urämisches Syndrom (HUS) nennt. Einfach gesagt handelt es sich um eine Erkrankung der kleinen Blutgefäße, die in den meisten Fällen zu einer Nierenerkrankung führt.(Klicke hier für mehr Informationen zu HUS
Wenn die Nieren mit weniger als 30% arbeiten ist eine Behandlung notwendig um zu überleben, da die Nieren nicht mehr fähig sind, das Blut vollständig zu reinigen. In jedem Nahrungsmittel und Getränk, das wir zu uns nehmen sind Substanzen, die unser Körper benötigt und andere, die er ausstoßen muss. Unsere Nieren arbeiten als eine Art Müllentsorgungsanlage, die die Substanzen, die unser Körper nicht braucht ausfiltert und unser Blut reinigt. Das Endprodukt dieses Prozesses ist Urin, den „gesunde“ Menschen dann ausstoßen.
Nach Monaten voller Tests und Untersuchungen war ich so krank, dass eine der Krankenschwestern zu meinen Eltern sagte: „Er wird niemals zur Schule gehen können.“ Es war eine sehr schwierige Zeit für meine Eltern. Endlich wurde eine geeignete Behandlung gefunden, doch nun standen meine Eltern vor der schwierigen Entscheidung diese durchführen zu lassen oder nicht. Die Behandlung, eine Bauchfell Dialyse, muss jeden Abend zu Hause durchgeführt werden. Ohne die Behandlung würde ich nicht überleben. Im Januar 1990 entschieden sich meine Eltern schließlich dazu die Behandlung durchzuführen und die Herausforderung anzunehmen, mich zu pflegen und durch die abendliche Dialyse am Leben zu halten.
Durch die Bauchfell Dialyse werden die negativen Substanzen, die wir durch Nahrungsmittel zu uns nehmen, durch eine Salz-Zucker Lösung von den guten getrennt. Zusätzlich wurde ich durch eine Sonde in der Nase mit künstlicher Nahrung versorgt, was zu Magenkomplikationen führte. Jeden Morgen musste ich mich übergeben, da mein Magen überfüllt war und die künstliche Nahrung nicht richtig verarbeiten konnte.
Diese Zeit war eine schwere Last für meine Eltern, da die Behandlung nicht anschlug und mehrere Komplikationen mit sich brachte, wie z. B. Infektionen und Erbrechen. Diese erstreckten sich über mehrere Monate. Ich hatte außerdem einen Katheter, der mehrere Male gewechselt werden musste und jedes Mal eine Operation mit sich brachte.
Bis kurz vor meinem 4. Geburtstag hatte ich meine eigenen Nieren. Allerdings fügten diese meinem Körper Schaden zu, wie z. B. hohen Blutdruck, sodass ich bis zu sieben verschiedene Medikamente nehmen musste um meinen Blutdruck zu senken. Während ein normaler Blutdruck zwischen 120-160 mmhg liegt, war meiner über 230 mmhg hoch. Jedoch hatten die Medikamente keinen guten Einfluss, sodass am Ende meine Nieren entfernt werden mussten um meinen Blutdruck langsam wieder zu senken. Ein weiterer Nebeneffekt der starken Medikamente war der Verlust meines Gehörs.
In beiden Ohren verminderte sich meine Fähigkeit zu hören von 100 % auf 30 %. Dies war vor allem schlimm, da es in den ersten Wochen niemand es bemerkte. Wieder einmal musste ich etwas Neues anfangen, ich begann Hörgeräte zu tragen.
Für ein paar Monate war meine Gesundheit nun stabil. Im März 1993 hatte ich wieder eine ernsthafte Grippe und gleichzeitig hatte ich einen Schlaganfall, der mich ins Koma versetzte. Mit einem Helikopter wurde ich auf die Intensivstation im Krankenhaus gebracht und auf dem Weg dorthin war das Einzige, das die Ärzte als Gehirnaktivität feststellen konnten, ein grauer Fleck. Das bedeutete, dass mein Gehirn nicht mehr arbeitete. Selbst wenn ich aufwachen würde, wäre ich für den Rest meines Lebens stark beeinträchtigt oder behindert.
Während ich im Koma lag, versuchten die Ärzte mich nicht nur künstlich durch die Maschinen am Leben zu halten, sie versuchten außerdem verschiedene Therapien und besondere Betreuung. Leider hatte nichts davon positive Auswirkungen und es sah so aus, als würde es keinen Weg geben meinen Gesundheitszustand zu verbessern. Zur selben Zeit hatte ich eine Magenentzündung durch meinen Bauchfellkatheter, der deshalb entfernt und durch einen anderen Katheter ersetzt werden musste.
Zu dieser Zeit lag ich bereits 10 Tage im Koma. Dann an einem Abend wurden meine Eltern von behandelten Arzt angerufen und gebeten ins Krankenhaus zu kommen um sich von mir zu verabschieden. Es gab keinerlei Hoffnung mehr für mich und das Ende meines Lebens stand kurz bevor! Sehr traurig machten sich meine Eltern auf den Weg ins Krankenhaus. Nachdem sie angekommen waren, schaltete der Arzt die Maschinen ab, die mich bis zu diesem Zeitpunkt am Leben erhielten. Im gleichen Moment als die Maschinen ausgeschaltet wurden, öffnete ich meine Augen und begann zu sprechen!
“Mama, ich möchte meine Schuhe in die Hand nehmen und ins Wohnzimmer gehen.”
(das sagte ich, da ich 10 Tage zuvor im Bett meiner Eltern lag als ich ins Koma fiel). Langsam erklärte mir meine Mutter, dass dies nicht möglich sei. Also bat ich sie mit mir ins Spielzimmer zu gehen, in welchem ich während des Krankenhausaufenthaltes schlussendlich viel Zeit verbrachte.
Was hier gerade passierte, war ein absolutes Wunder und niemand konnte verstehen oder auch nur ansatzweiße erklären, wie dies geschehen konnte. Von einem auf dem anderen Moment begann mein „totes“ Gehirn wieder vollkommen „gesund“ zu sein. Alle Ehre sei Gott, denn er ist der Einzige, der verstorbene Menschen wieder zum Leben erwecken kann. Daraufhin verbrachte ich weitere Monate im Krankenhaus um mich vollkommen zu erholen.
Im Sommer 1993, als mein Gesundheitszustand sich enorm verbessert hatte, empfahlen uns die Ärzte noch einmal mit der Bachfelldialyse zu beginnen, welche ich in der Zeit vor dem Koma schon einmal bekommen hatte. Leider war dies auf Grund der vielen Bauchinfektionen und Katheter nicht möglich. Dies bedeutete, dass ich eine andere Art von Dialyse bekommen musste, die Hämodialyse genannt wird. Um weiter am Leben zu bleiben, musste ich nun drei Mal pro Woche ins Krankenhaus um mein Blut reinigen zu lassen.
Dies veränderte mein Leben und das meiner Eltern. Ich musste drei Mal pro Woche ins Krankenhaus und jedes Mal musste mich jemand dorthin fahren. Die Fahrtzeit von meinem Zuhause bis zum Krankenhaus betrug ungefähr eine Stunde. Glücklicherweise fanden meine Eltern eine Lösung. Ein Mal pro Woche fuhr ich mit einem Sozial-Taxi-Unternehmen, ein Mal mit einem Freund meiner Eltern und ein weiteres Mal fuhr mich meine Mutter selbst.
Die nächsten Monate waren sehr beschwerlich. Diese Behandlung brachte einige andere Probleme mit sich. So hatte ich viele Infektionen, die vom Katheter her rührten. Da dieser direkt in meinen Blutstrom gelegt wurde, konnte es passieren, dass dieser verstopfte oder auch auslief. Dies führte dann automatisch dazu, dass mein Blut nicht optimal gereinigt werden konnte. Meine Gesundheit verschlechterte sich und nach einigen Wochen fühlte ich mich sehr krank. Die schlechtere Reinigung meines Blutes führte dazu, dass sich Flüssigkeit im Körper ansammelte und zu einer Lungeninfektion führte. Das brachte mich beinahe ein weiteres Mal dazu, mein Leben zu verlieren. Glücklicherweise erkannten die Ärzte das Problem rechtzeitig und konnten dadurch Schlimmeres verhindern und ich überlebte.
Fortsetzung folgt …
Die Hämodialyse ist ein Verfahren zur Blutwäsche. Ein Katheter wird direkt in den Blutstrom eingesetzt, nahe dem Herzen. Das Blut fließt zunächst durch eine Maschine, welche das Blut filtert und reinigt (künstliche Niere) und dann fließt es wieder zurück in den Patienten. Der Prozess dauert je nach Körpergröße des Patienten 3-6 Stunden. Die Peritonealdialyse (Bauchfelldialyse) gibt ein Salz-Zucker-Gemisch durch den Katheter in den Bauch des Patienten, welches die Giftstoffe im Blut aufspaltet. Beide Arten von Kathetern hinterlassen kleine Wunden am Körper, die sich entzünden können.